Januar – Mai 2023

Nachdem ich im Dezember 2022 ausgezogen war, begann jetzt natürlich eine spannende Zeit: wird die Tochter in meine Wohnung einziehen oder nicht? Wie gesagt, zu der Zeit wusste ich noch nicht, dass sie ohnehin schon seit Monaten weit entfernt wohnt und dort einer mehrjährigen Ausbildung bei einer renommierten deutschen Firma entgegen sah. Ich kam leider auch noch nicht auf die Idee mich darüber zu informieren, wo sie wohnt, da ich ja durch die Versetzung ihres Vaters, immer noch davon ausgehen musste, dass sie die Wohnung wirklich brauchen wird – wenngleich ich davon nach wie vor nicht 100%ig überzeugt war.
Ich beobachtete die Wohnung also mehrmals, machte Fotos von Klingelbrett und Briefkasten. Beides blieb monatelang so wie ich es verlassen hatte: keine Namensschilder und der Briefkasten zugeklebt – damit er nicht mit Postwurfsendungen verstopft wird.
Dass ich da regelmäßig um das Haus schlich, blieb selbstverständlich auch den mir nicht so wohl gesonnenen Nachbarn nicht verborgen. Es hatte sich nämlich so eine Art Allianz gegen mich gebildet, da ich ja mit meiner Art zu leben nicht mehr in das „ehrenwerte Haus“ passte – so ähnlich wie es Die Ärzte einst in „Lasse redn“ besangen. Anfang März 2023 landete dann auch ein Einschreiben mit einem Hausverbot im Briefkasten meiner neuen Wohnung:
Hausverbot:
Auszug aus: Schreiben der Hausverwaltung
Datum: 01.03.2023
Quelle: Hausverbot zu meiner alten Wohnung
Zitat: „[…] “Hausverbot für: Die gesamte Liegenschaft xxx
Begründung: div. Zwischenfälle mit Eigentümern und Bewohnern der o.g. Liegenschaft
Weiteres: das Hausverbot gilt in gleichem Maße für sämtliche Personen, die im Auftrag und im Namen von Herrn Sven Kuhne widerrechtlich handeln
Gültigkeit: bis zum Widerruf“
🟡 Kommentar: Ob dieses HV rechtlich haltbar wäre, sei dahin gestellt, ich habe dagegen nix unternommen, da es eh bedeutungslos ist, da ich ja dort nicht mehr wohne. Stellt sich nur die Frage: was würde damit passieren, sollte ich doch dort wieder einen Mietvertrag bekommen 😉? Und ob man ein HV auf alle Personen ausdehnen kann, die ich kenne und die dort vielleicht ohne mein Wissen etwas tun, was den dortigen Bewohnern möglicherweise nicht gefällt, erscheint auch mehr als zweifelhaft. Ebenso, ob man mir damit verbieten kann die Zufahrtsstraße, die zwar zur Liegenschaft gehört, aber direkt vor dem Haus entlang zu einem dahinter liegenden Grundstück führt, zu betreten.
Wie auch immer, sei´s drum. Davon abhalten, festzustellen, ob die Tochter nun dort eingezogen ist, konnte es mich eh nicht. Da schickt man halt ab und zu einen Brief an die Tochter in dem Haus. Wenn der zurück kommt, weiß ich auch, dass sie nicht dort wohnt – sind alle zurück gekommen. Ich hoffe mal nur, dass der Postbote keinen Ärger bekam, denn die Briefe versucht er ja dann in meinem Namen einzuwerfen 😉.
Ab Anfang Mai 2023 stand dann doch ein fremder Name an Briefkasten und Klingel, womit für mich endgültig klar war, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben war, da die Tochter offenkundig nicht mehr dort einziehen wird. Mit der Folge, dass ich über meine damalige Anwältin am 17.05.2023 an den Vertreter des Vermieters heran getreten bin und Schadenersatzforderungen stellte:
a) Umzug Einbauküche (Ab- und Aufbau) am 08.12.2022 1.040,06 €
b) Umzug Spedition am 12.12.2022 1.033,85 €
c) 15 Umzugs-Fahrten des Klägers mit eigenem PKW a´ 3,8 km (einfach) = 3,8 km x 2 x 0,30 € x 15 34,20 €
d) Arbeitszeit des Klägers zu diesen Fahrten jeweils 1h Einladen und 0,5h Ausladen = 1,5h x 15 x 20,- €/h 450,00 €
e) Arbeitszeiten von Hilfskräften (Sohn (13)) des Klägers = 1,5h x 7 x 10,- €/h 105,00 €
f) Differenz für teurere 2-Raum-Wohnung für 36 Monate
- aktuelle Warm-Miete xxx 609,00 €
- Letzte Warm-Miete xxx 411,30 €
- Differenz = 197,70 €; 36 x 197,70 € = 7.117,20 €
Gesamt: 9.780,31 €
Hinzu kam noch ein Schmerzensgeld i.H.v. 4.000,- €. Im Wesentlichen für den, durch den erzwungenen Umzug und dem damit zusammenhängenden Verlust unserer Lebensgrundlage, ausgelösten Nervenzusammenbruch am 13.12.2022 und die Einlieferung in die Notaufnahme am 24.12.2022.
Da die Positionen a) und b) vom Sozialamt übernommen wurden, wären diese zurück zu führen gewesen.
Juni – September 2023
Dieses Schreiben blieb bis zum Ablauf der gesetzten Frist (02.06.2023) zunächst unbeantwortet, am 05.06.2023 schickten wir eine Erinnerung, mit der Ankündigung zivil- als auch strafrechtliche Maßnahmen nach erneutem Fristablauf einzuleiten.
Noch am selben Tag erfolgte Rückmeldung vom Anwalt des Vermieters. Ein von mir behaupteter vorgeschobener Eigenbedarf wird, ohne auf die konkreten Umstände einzugehen, bestritten und entsprechend auch Schadenersatzforderungen abgelehnt.
Am 17.06.2023 erstattete ich daraufhin Anzeige wegen Betrug nach § 263 I und II StGB bei der Polizeiinspektion Immenstadt. Daraufhin nimmt der Vermieter Stellung. Er gibt seine Sicht der Dinge zu Protokoll; die Akte konnte ich am 28.03.2024 offiziell bei der StA Kempten einsehen und abfotografieren. Hier einige Zitate aus der Stellungnahme des Vermieters:
- „Im Laufe des Jahres 2019 begannen Gespräche mit meinen Vorgesetzten …“.
🟡 Kommentar: Gemeint ist seine Versetzung ins Ausland. Er will damit darstellen, dass die Versetzung bereits lange vor der Kündigung (20.08.2020) angedacht war, was ich immer bestritten habe. Er erläutert weiter, wohin er sich orientieren würde. Wer das bezeugen kann, wann genau solche Gespräche stattfanden, oder welche Nachweise es sonst für diese Gespräche gibt, wird nicht erläutert – auch in den bisherigen sonstigen Dokumenten findet sich dazu keinerlei Hinweis. Im Gegenteil, im Gerichtsschriftsatz vom 04.11.21 zur Räumungsklage erklärt sein Anwalt, Zitat: „Soweit sich der Beklagte (Anm.: das bin ich) hier auf ein Telefongespräch in der 5. oder 6. KW des Jahres 2020 bezieht, ist dem grundsätzlich entgegenzuhalten, dass vom Kläger zu keinem Zeitpunkt Zusi-cherungen erklärt wurden. (Anm.: gemeint ist hier, seine Aussage aus Anfang 2020 mir gegenüber, dass seine Kinder kein Interesse an der Wohnung hätten und ich keine Eigenbedarfskündigung zu fürchten brauche – das kann ich ggf. beeiden). Im Übrigen war zum damaligen Zeitpunkt die Personalmaßnahme mit der Versetzung des Klägers … weder absehbar noch angekündigt.“.
🟡 Kommentar: Also Anfang 2020 war eine Personalmaßnahme noch nicht absehbar, wird vor Gericht behauptet – was ich auch gern glauben mag, denn da hatten wir noch ein freundschaftliches Verhältnis. Warum sollte er mir sagen, dass ich keine Eigenbedarfskündigung fürchten brauche, er sich aber gleichzeitig um eine Versetzung ins Ausland bemüht, woraus dann ein Bedarf für die Tochter entstanden wäre. Das wäre nicht logisch. Im Gegensatz dazu steht nun aber meiner Meinung nach, dass in der Beschuldigtenvernehmung behauptet wird, dass bereits im Jahr 2019 Gespräche zu einer Versetzung stattgefunden haben sollen. Mag sich jeder eine eigene Meinung bilden, ob das zueinander passt oder nicht.
Auch die Polizei habe ich per eMail am 06.05.2025 auf diesen Widerspruch aufmerksam gemacht, interessierte aber bislang niemanden. - „Die familiäre Situation machte es dann erforderlich, darüber nachzudenken, wie im Falle einer Versetzung mit dem Schulabschluss meiner Tochter … verfahren werden soll. … Gemeinsam kamen wir daher im Sommer 2020 zu den Entschluss ihr die Wohnung in … zu überlassen und hierzu zeitgerecht zum 31.05.2021 … zu kündigen.“.
🟡 Kommentar: Im Sommer 2020 kommt man also zu dem Entschluss, die Wohnung für den Schulabschluss der Tochter wegen einer noch nicht sicheren Versetzung zu kündigen. Ich weiß nicht, aber für mich klingt das auch nicht sonderlich plausibel.
Aber auch hier hat weder Staatsanwaltschaft noch Polizei in irgendeiner Form nachgehakt. - „Ich wurde mit Ankündigung vom November 2020 mit einer Personalmassnahme vom 10.12.2020 in … versetzt und habe meinen Dienst dort zum 01.03.2021 angetreten.“
🟡 Kommentar: Die Personalmaßnahme wir erst im November 2020 angekündigt und auch erst am 10.12.2020 schriftlich verfügt. Gekündigt wurde aber bereits am 20.08.2020. Für mich sieht das eher aus wie eine s.g. „Vorratskündigung“, die aber unzulässig ist, vgl. BGH Beschluss v. 11.10.2016 VIII ZR 300/15, Tenor unter a). Denn – wie gesagt – Nachweise dafür, dass die Kündigung bereits bei Ausspruch hinreichend konkret war, um diese tragen zu können, gibt es bislang keine. Es deutet also Einiges darauf hin, dass die Versetzung erst nach der Kündigung geschaffen wurde.
Konkrete Untersuchungen dazu gab es weder durch Gerichte, noch Polizei noch StA. - „Meine Tochter verfolgte die Absicht, auf jeden Fall im Allgäu verbleiben zu wollen, …“
🟡 Kommentar: Meldet sich dann aber bereits im Mai 2022 in über 100 km Entfernung an, um dort bald eine mehrjährige Ausbildung zu absolvieren. Warum, soll dann mit dem nächsten Zitat belegt werden. - „Das AG Sonthofen beschäftigte sich mit der Sache auf mein Betreiben (Anm.: gemeint ist die Räumungsklage) auf einer Sitzung am 22.12.2021. … er (Anm.: das bin ich) willigte ein, die Wohnung bis zum Jahresende zu räumen.“
🟡 Kommentar: Was fehlt, ist die richtige Jahreszahl. Liest man das so, würde man annehmen, dass wir uns geeinigt hätten, dass ich die Wohnung bis Ende 2021 übergeben sollte. Da ich aber bis Mitte 2022 immer noch keine Anstalten machte, aus der Wohnung ausziehen zu wollen, hat es sich die Tochter dann irgendwann anders überlegt. Was aus ihrer Sicht – hätte sie wirklich Interesse an der Wohnung gehabt – so u. U. sogar nachvollziehbar wäre. Genau dieser Eindruck sollte dem Beamten, der die Anzeige bearbeitet hat, wohl auch vermittelt werden. Richtig ist aber, dass wir uns für das Ende 2022 (Räumung) verglichen haben, was die Tochter auch gewusst haben dürfte. Sie hätte also nur noch das Ende 2022 abwarten brauchen, und hätte dann ihre schöne eigene Wohnung beziehen können. Hat sie aber nicht. Und warum? Weil sie ohnehin nicht vorhatte, je in die Wohnung ziehen zu wollen – davon bin ich nach wie vor felsenfest überzeugt. Befragt, zu ihren Absichten, wurde sie nie.
Vielleicht ist es ja auch nur ein Versehen, dass die richtige Jahreszahl in der Aussage fehlt, genauer überprüft hat das aber niemand – auch nicht, nachdem ich später explizit darauf hingewiesen habe.
Am 15.09.2023 stellt die StA das Ermittlungsverfahren ein, da die Tat dem Beschuldigten nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen ist und er sich glaubhaft, ausführlich und schlüssig zu den Vorwürfen geäußert hat.
Anfang 2024
Anfang 2024 kam ich dann auf die Idee mir mal die Akte bei der StA zu meiner Anzeige anzusehen. Am 28.03.2024 wurde mir dann Akteneinsicht bei der StA gewährt. Darauf habe ich am 01.04.2024 den Staatsanwalt auf die ganzen Ungereimheiten aus der Beschuldigtenvernehmung hingewiesen. Am 21.05.24 erhalte ich dann Nachricht, dass dennoch eine Wiederaufnahme nicht in Betracht kommt.
Im Umkehrschluss heißt das für mich letztlich: dem Vermieter genügt es eine mehr als zweifelhafte Geschichte zu erzählen, um Anschuldigungen abzuwehren, vom Mieter vorgetragene eindeutige Indizien werden hingegen nicht weiter beachtet, oder gar weiter verfolgt:
- es wird nicht überprüft, ob tatsächlich Vorgespräche zu einer Versetzung in 2019 stattgefunden haben
- es wird nicht hinterfragt, warum man eine Wohnung kündigt, obwohl gar kein tatsächlicher Bedarf besteht
- es wird nicht hinterfragt, warum die Versetzungsverfügung erst ca. 4 Monate nach der Kündigung ausgestellt wurde
- es wird nicht hinterfragt, warum die Tochter sich bereits im Mai 2022 weit weg angemeldet hat, obwohl sie doch nur noch ein paar Monate warten brauchte, um in der Wohnung ihrer Eltern ihren eigenen Hausstand begründen zu können und sie doch unbedingt im Allgäu bleiben wollte
- es wird nicht hinterfragt, warum die Tochter gerade diese Wohnung für den Start in ihr eigenes Leben auserwählt hat, was die Wohnung für sie so attraktiv im Hinblick auf ihre Berufsausbildung machte
- es wird nicht hinterfragt, warum ein wichtiges Beweismittel (Versetzungsverfügung) erst 11 Monate nach Erhalt – und dann auch noch mit einem unkenntlich gemachten Datum – bei Gericht vorgelegt wird
- usw.
Einen Rechtsstaat hab´ ich mir irgendwie anders vorgestellt, als ich `89 in den Westen geflohen bin. Naiv wie bin, dachte ich, dass ein Rechtsstaat auch daran interessiert sein sollte, die Wahrheit ans Licht zu bringen – ohne Ansehen der Person. Und dass man dann, wenn entsprechende Vorwürfe im Raum stehen, denen auch gründlich nachgeht. Nachdem was ich hier erlebt habe, hätte ich auch im Osten bleiben können, wo bestimmte Menschen auch oft gleicher waren als andere.
Im 7. Akt wird es dann um die Schadenersatzklage gehen, die ich im September 2023 erhoben habe.