
21.09.2023
Wie bereits geschildert zog die Tochter nach meinem Auszug im Dezember 2022 nicht in die für sie gekündigte Wohnung ein. Damit war für mich endgültig klar, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben war, woraufhin meinerseits Schadenersatz- und Schmerzensgeldforderungen gegen den Vermieter erhoben wurden – zunächst außergerichtlich. Da hier keine Einigung zu erzielen war, erhob ich am 21.09.23 eine entsprechende Klage mit PKH-Antrag vor dem Amtsgericht Sonthofen.
Als Beweismittel dafür, dass die Tochter nicht eingezogen ist, wurden die von mir gefertigen Fotos der Klingelanlage und des Briefkastens vorgelegt. Darüber hinaus wurde meine Parteieinvernahme zu den Vorfällen im Haus unmittelbar vor der Kündigung und zu den Aussagen des Vermieters, dass seine Kinder kein Interesse an der Wohnung haben, angeboten. Desweiteren wurde die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu meinem Gesundheitszustand und zu den gesundheitlichen Entgleisungen vom 13.12.22 und 24.12.22 beantragt, um letztlich auch die Höhe des beantragten Schmerzensgeldes genauer beziffern zu können. Dieses Gericht brauchte aber ohnehin keine Beweismittel, ihm genügten die Geschichten, die der Vermieter erzählen ließ, um sich eine Meinung bilden und eine Entscheidung treffen zu können, s. nächster Akt.
1. Teil: Der Befangenheitsantrag
28.09.2023
Am 28.09.23 gibt das Gericht das Aktenzeichen bekannt und erklärt gleichzeitig, dass die zuständige Richterin eine enge Freundschaft mit dem Anwalt des Vermieters verbindet:
Aktenzeichenbekanntgabe:
Auszug aus: Bekanntgabe des Aktenzeichens
Datum: 28.09.2023
Quelle: Gerichtsschriftsatz
Zitat: „[…] Das Gericht gibt bekannt, dass die zuständige Richterin und den Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners seit dem gemeinsamen Referendariat eine enge Freundschaft verbindet.“

🟡 Kommentar: Für mich stellt das einen Grund für die Ablehnung der Richterin wegen der Besorgnis der Befangenheit nach § 42 Abs. 2 ZPO dar. Am 04.12.23 haben wir dann einen entsprechenden Antrag gestellt.
05.12.2023
Am 05.12.23 nimmt die Richterin zu dem Befangenheitsantrag Stellung und erklärt:
Dienstliche Stellungnahme:
Auszug aus: der dienstlichen Stellungnahme zum Antrag auf Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit
Datum: 05.12.2023
Quelle: Gerichtsschriftsatz
Zitat: „[…] lch sehe mich an einer objektiven Entscheidung im vorliegenden Falle nicht gehindert. Mit dem Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners, Rechtsanwalt …, bin ich … eng befreundet. lch unternehme beispielsweise mit meinem Ehemann und meinen Kindern gemeinsame Urlaubsreisen mit der Familie …, zu Geburtstagsfei-ern laden wir uns stets gegenseitig ein. Herr Rechtsanwalt … hat jedoch aus meiner Sicht keinerlei persönliches lnteresse am Ausgang des vorliegenden Rechts-streits. Er ist an diesem nicht persönlich, sondern lediglich als Prozessbevollmächtigter beteiligt.“
In diesem Zusammenhang würde mich auch eure Meinung interessieren: Hättet ihr die Richterin, wenn sie so eng mit dem Anwalt des Vermieters befreundet ist, auch abgelehnt? Hier kannst Du anonym abstimmen:

🟡 Kommentar: Zitat: Für mich jedenfalls ist der Fall genauso eindeutig wie das Handspiel von Cucurella (Spanien) im Strafraum gegen Deutschland bei der Euro 2024 – also klarer Strafstoß, klarer gehts eigentlich nicht. Wenn eine Aussage, dass man mit einem ProzBef gemeinsame Urlaubsreisen unternimmt und man sich stets zu Geburtstagsfeiern gegenseitig einlädt, nicht die Besorgnis der Befangenheit begründen kann, was dann? Und auch wenn der befreundete Anwalt „nur“ Prozessbevollmächtigter ist, heißt das in meinen Augen doch nicht, dass er kein persönliches Interesse am Ausgang des Verfahrens haben kann. Denn hätte er das tatsächlich nicht, dann hätte er wohl seinen Beruf verfehlt, wenn es ihm egal wäre, wie sein Mandant aus dem Verfahren geht.
Zudem hat das BVerwG, Beschluss vom 12.10.2023 – 10 C 4.22 erst in einem ähnlich gelagerten Fall, wo der abgelehnte Richter eine langjährige Freundschaft zu einem ProzBef mit jeweiligen wechselseitigen Besuchen im familären Kreis, unterhielt, entschieden, Zitat, Rz 7: „Die in der dienstlichen Erklärung im vorliegenden Fall mitgeteilten Umstände einer seit mehreren Jahrzehnten bestehenden engen Freundschaft und des be-sonderen Vertrauensverhältnisses zwischen dem anzeigenden Mitglied des Se-nats mit dem Prozessvertreter der Beklagten unter Einschluss der beiderseitigen Familien begründen nach diesen Grundsätzen die Besorgnis der Befangenheit.“
20.12.2023 / 28.12.2023
Deshalb wurde der Ablehnungsantrag dann auch am 20.12.23 wiederholt – erfolglos. Am 28.12.23 entschied der Leiter des Amtsgerichts dann:
Auszug aus Beschluss
Auszug aus: Beschluss zur Ablehnung des Befangenheitsantrags
Datum: 28.12.2023
Quelle: Beschluss
Zitat: „[…] Der Ablehnungsantrag des Klägers vom 04.12.2023 betreffend Frau Richterin am Amtsgericht … wird als unbegründet zurückgewiesen. … Vorliegend ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass sich die bestehende Freundschaft im Verfahren in einer Weise geäußert hat, die den Kläger ernsthaft daran Zweifeln lassen kann, dass die zuständige Richterin Beruf und Freizeit nicht in der gebotenen Weise trennt.“
🟡 Kommentar: Für mich, als juristischen Laien, ist das nicht nachvollziehbar. Wie soll man etwas vortragen, was noch gar nicht geschehen sein kann? Das Verfahren befand sich noch in der Anfangsphase. Folgte man dieser Argumentation, wäre es praktisch in so einem Stadium grundsätzlich nicht möglich einen Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Das wäre demnach erst dann möglich, wenn im Laufe eines Verfahrens entsprechende Anzeichen sicht- bzw. wahrnehmbar wären. Ich kann mir nicht vorstellen, dass § 42 ZPO nur so zu verstehen ist. Gerade enge Beziehungen zu Prozess- bzw. Verfahrensbeteiligten – oder deren Vertretern – stellen Ablehnungsgründe dar, Zitat bspw. haufe.de: es „… haben sich folgende Fallgruppen der Besorgnis der Befangenheit herausgebildet: … enge persönliche Beziehungen zu einer Partei oder zum Prozessvertreter einer Partei, …“.
An dieser Stelle möchte ich auch auf die anderen Aussagen aus dem Ablehnungsbeschluss etwas näher eingehen:
- Zitat: „Eine Besorgnis der Befangenheit eines Richters ist anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit und Unabhängigkeit aufkommen lassen. Geeignet, Misstrauen gegen eine unparteilich Amtsausübung des Richters zu rechtfertigen, sind nur objekti-ve Gründe, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürch-tung wecken können, der Richter steht der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht un-parteiisch gegenüber. Rein subjektive, unvernünftige Vorstellung des Ablehnenden scheiden da-bei aus (BGH NJW-RR 2003, 1220; BayObLGZ 1986,252).“
🟡 Kommentar: Diese Aussage steht sinngemäß tatsächlich so in dem angeführten BGH Beschluss v. 14.03.2003, Az. IXa ZB 27/03 auf Seite 4 unter a) aus BGH NJW-RR 2003, 1220 und wird oft in Entscheidungen zu Richterablehnungen benutzt. Was aber eher zunächst eine allgemeine Standard-Floskel ist. In welchem Kontext das mit dem vorliegenden Fall steht, was in meinem Fall genau objektive Gründe wären, bzw. rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen sein sollen, wir nicht erläutert.
Meine Schlussfolgerung: da mein Befangenheitsantrag abgelehnt wurde, kann daraus nur abgeleitet werden, dass die von mir monierte enge Freundschaft der Richterin mit dem Anwalt des Vermieters, dann wohl so eine „unvernünfige Vorstellung“ sein soll.
- 2. Zitat: „Selbst eine über die persönliche Bekanntschaft hinausgehende Freundschaft zwischen der abge-lehnten Richterin und dem gegnerischen Prozessbevollmächtigten rechtfertigt nicht die Besorg-nis der Befangenheit (vgl. dazu Zöller, ZPO, 35. Auflage, § 42 Rz 13, jeweils m.w. Nachw.).“
🟡 Kommentar: Da ich mir nicht vorstellen konnte, dass das wirklich so im Zöller drin steht, habe ich mir den mal besorgt. Davon, dass eine derart enge Freundschaft zwischen Richterin und ProzBef keinen Ablehnungsgrund darstellt, steht da unter der angegebenen Quelle tatsächlich nix drin. Unter Zöller, ZPO, 35. Auflage, § 42 Rz 13 sind unter der Überschrift, Zitat: „Nahe persönl oder geschäftl Verhältnisse (Beziehungen) zum Prozessvertreter oder leitenden Mitarbeiter einer Partei“ zahlreiche Beispiele, die zur Ablehnung eines Richters führen oder nicht führen können, mit den entsprechenden Entscheidungen aufgeführt. Dass da eine enge Freundschaft zu einem ProzBef unter dieser Überschrift als Positivbeispiel nicht aufgeführt ist, lässt aber meiner Meinung nach nicht den Schluss zu, dass „eine über die persönliche Bekanntschaft hinausgehende Freundschaft zwischen der abge-lehnten Richterin und dem gegnerischen Prozessbevollmächtigten“ nicht doch die Besorgnis der Befangenheit begründen kann.
Denn unter der Rz 8 Überschrift 1) Befangenheit steht, Zitat: „In jedem Fall muss schon der äußere Anschein von Befangenheit, der „böse Schein“ von Voreingenommenheit (BVerfG 18.6.2003 – 2 BvR 383/03, BVerfGE 108, 122, 129; BVerfG 13.2.2018 – 2 BvR 651/16, NJW 2018, 1307 Tz 17; BGH 28.7.2020 – VI ZB 94/19, NJW 2020, 3458 Tz 7, 10; BGH 21.9.2021 – KZB 16/21, NJW-RR 2022, 209 Tz 15; BGH 15.3.2022 – II ZR 97/21 Tz 8, bei MDR 2022, 843 nicht abgedruckt) vermieden werden: „Justice must not only be done, it must also be seen to be done“ (EGMR EuGRZ 93, 122).“. Ich meine, eine solche enge Freundschaft müsste unter so einem Anschein stehen.
- 3. Zitat: „Viel-mehr muss die besondere Beziehung in dem Verfahren derart in Erscheinung getreten sein, dass die ablehnende Partei den Eindruck haben muss, die Richterin trenne ihr persönliches Verhältnis nicht ausreichend vom Prozessgeschehen (OLG Hamburg, MDR 2003 , 287 m.w. Nachw.).
🟡 Kommentar: Auch diese Quelle ist hier nicht einschlägig, denn in dem hier wiedergegebenen Urteil des OLG Hamburg v. 18.11.2002 Az. 13 U 15/02 ging es lediglich um einen Richter der mit einem ProzBef seit mehreren Jahren in einem Hamburger Verein in der Freizeit zusammen arbeitete. Bei dieser Bekanntschaft waren die Beteiligten aber, Zitat: „nicht einmal privat zusammen Essen oder hat ein Essen oder eine Bewirtung in einem der Privathaushalte stattgefunden.“. Dies ist mit meinem Fall nicht vergleichbar, denn, auch wenn das OLG Hamburg damals weiter ausführte, Zitat: „Überdies begründet selbst eine – über eine persönliche Bekanntschaft hinausgehende – Freundschaft zwischen einem Richter und einem Prozessbevollmächtigten allein keine Besorgnis der Befangenheit“, muss man m.M.n. zwischen „Freundschaft“ und „enger Freundschaft“ unterscheiden. In dem Hamburger Fall ging es allenfalls um eine lockere Freizeitfreundschaft, die aber nicht – wie in meinem Fall – mit einer „engen Freundschaft“, die das familiäre Privatleben mit einbezog, vergleichbar ist.
- 4. Zitat: „Aus der Sicht einer besonnen und vernünftig wertenden Partei ist dies dann der Fall, wenn sie berech-tigterweise den Eindruck haben kann, das Verhalten und/oder die Verfahrensweise der Richterin beruhe auf Voreingenommenheit oder auf Willkür (KG Beschl. v. 9.3.2006 – 21 U 4/05, BeckRS 2006, 3625, beck-online).
🟡 Kommentar: Das steht tatsächlich 1:1 in dem KG Berlin Beschluss v. 09.03.2006, Az. 21 U 4/05, mit der Einschränkung, dass aus dem Richter eine Richterin gemacht wurde. Allerdings muss man es auch hier im Kontext sehen: in dem Berliner Fall ging es auch nur um eine (angenommene) lockere Freundschaft, die die den Richter ablehnende Beklagte maßgeblich daraus ableitete, dass sich Richter und ProzBef mit „Du“ angesprochen haben. Weggelassen wurde bei dieser Wiedergabe des Berliner Beschlusses allerdings der daran anschließende Satz, Zitat: „Eine freundschaftliche Beziehung ist im Rahmen der bei Entscheidung über das Ablehnungsgesuch erforderlichen Gesamtwertung (vgl. dazu: Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 42 Rz. 9, m.w.N.) zu berücksichtigen und mag im Einzelfall den Ausschlag geben, an der Unvoreingenommenheit eines Richters zu zweifeln, mit der Folge, dass das Ablehnungsgesuch als begründet anzusehen ist (vgl. dazu: Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 42 Rz. 10 m.w.N.).“
Anm.: Dieser Berliner Fall ging zum BGH Beschluss v. 21.12.2003, Az. IX ZB 60/06 und wurde von dort zurück verwiesen, da die Frage zu klären war, ob der Richter tatsächlich folgende Aussage getroffen hat, Zitat aus dem BGH-Urteil: „Sie werden sowieso fressen müssen, was ich entscheide. Und dann blei-ben Sie auf allem sitzen“. Wie das dann ausging, konnte ich bislang nicht in Erfahrung bringen.
Fazit: Bei diesem, meinen Befangenheitsantrag ablehnenden Beschluss, handelt es sich in der Begründung also im Wesentlichen nur um eine Aneinanderreihung von Textbausteinen aus unterschiedlichen Quellen. Ob die so zusammen passen, kann man diskutieren. Eine echte Auseinandersetzung, mit der engen Freundschaft der Richterin mit dem ProzBef des Vermieters, sieht für mich aber irgendwie anders aus. Mir kommt das alles so vor, als ginge es eher darum, wirklich sicher zu stellen, dass auch ja die „richtige“ Richterin den Fall bekommt und infolge dessen der Vermieter bestmöglich geschützt werden kann. Es wird zwar behauptet, dass die Zuteilung der täglich eingehenden Fälle streng nach Geschäftsverteilungsplan erfolgen würde, aber wer will das kontrollieren … . Einblick, wie es genau zu der Zuteilung der Richterin gekommen ist, bekommt man ohnehin nicht. Hab ich alles versucht. Das wurde dann damit abgelehnt, da das nicht zur Prozessakte gehören würde, und somit kein Auskunfstrecht besteht.
Auf Anraten meiner damaligen Anwältin habe ich dann auf eine Beschwerde vor dem Landgericht verzichtet, da die Wahrscheinlichkeit, dass da etwas Anderes rauskommen würde, eher als gering eingeschätzt wurde. Zumal mir auch klar ist, dass sich beide Gerichte nicht nur räumlich recht nahe stehen (ihr wisst schon: die Sache mit den Krähen 😉) und ich natürlich auch unnötige Kosten möglichst vermeiden muss. Mir blieb also zähneknirschend nix anderes übrig, als mich damit abzufinden, vor einer Richterin zu verhandeln, wo mein Vertrauen in die richterliche Unparteilichkeit von Anfang an, massiv erschüttert ist. Ihre späteren Entscheidungen bestätigten mir dann auch, dass mein Misstrauen nicht unberechtigt war. Wobei „verhandeln“ eigentlich nicht das richtige Wort ist, denn verhandelt wurde gar nicht erst.
2. Teil: Der Weg zur PKH-Entscheidung

Parallel zu der Befangenheitsablehnung tritt der Anwalt des Vermieters mit aus meiner Sicht teilweise fragwürdiger Argumentation meinem PKH-Antrag mit Schriftsatz vom 02.11.23 entgegen. So führt er bspw. aus:
PKH-Entgegnung:
Auszug aus: Entgegnung des ProzBef des Vermieters zu meinem PKH-Antrag
Datum: 02.11.2023
Quelle: Schriftsatz
Zitat: „[…] Im Laufe des Jahres 2011 wurde die Wohnung in … an Herrn Kuhne vermie-tet.“„Es begannen Gespräche zwischen Herrn … und seinem Vorgesetzten bzw. dem Personalamt bezüglich einer dienstlichen Personalmaßnahme (Versetzung).“
🟡 Kommentar: Was nun? Vorgesetzter oder Personalamt, oder beides? Wenn solche Gespräche tatsächlich stattgefunden hätten, müsste man es dann nicht etwas genauer wissen?
Das steht so in seinem Schriftsatz unmittelbar hintereinander – je ein Satz, je ein Absatz. Im Jahr 2011 wurde mir also die Wohnung vermietet (was zutrifft) und im Jahr 2020 wurde sie dann wegen einer (angeblich bereits geplanten) Personalmaßnahme des Vermieters gekündigt. Und irgendwo dazwischen sollen Gespräche zu einer Versetzung statt gefunden haben. Wann und mit wem genau solche Gespräche geführt worden sein sollen, wird aber nicht dargelegt. Geschweige denn, dass irgendwelche Nachweise oder Zeugen dafür vorgelegt bzw. benannt worden wären. Auch das Gericht hielt das nicht für nachfragenswert, obwohl das mehr als nebulös klingt und obwohl Gerichte dazu verpflichtet sind, nachzufragen, wenn etwas unklar erscheint, s. § 139 ZPO.
Nächstes Zitat aus vorgenanntem Schriftsatz: „[…] Da Herr Kuhne weiterhin, so mit E-Mail vom 20.10.2022 an Herrn …, zu erkennen gab, dass er wenig Anstalten zum Auszug erkennen lassen wollte, entschied sich die Tochter des Herrn … schließlich zu einem Umzug in eine Wohngemeinschaft. Diese war nicht mehr bereit, sich weiter von Herrn Kuhne Steine in ihren Weg hinsichtlich ihrer Berufsausbildungen und persönlichen Lebensgestaltung legen zu lassen.“
🟡 Kommentar: Hiermit soll also erklärt werden, warum die Tochter dann doch nicht in die Wohnung gezogen ist, weil ich in einer eMail vom 20.10.22 an den Vermieter angeblich keine Anstalten gemacht hätte, bald ausziehen zu wollen. Nehmen wir mal an, dass man diese eMail tatsächlich so missverstehen könnte (was definitiv nie meine Absicht war, hier die ganze eMail), dass ich dem Vermieter damit klar machen wollte, nicht ausziehen zu wollen und dass sich die Tochter daraufhin entschieden hat, sich eine andere Bleibe zu suchen. Stellt sich dann die Frage: Warum wird sowas bei Gericht vorgetragen, obwohl die Tochter zu der Zeit (Oktober 2022) bereits seit fast einem halben Jahr (Mai 2022, Melderegisterauszug liegt mir vor) einen Wohnsitz in über 100 km Entfernung genommen hatte, und dort einer mehrjährigen Ausbildung entgegen sah und ihre Eltern mit hoher Wahrscheinlichkeit davon gewusst haben dürften … ?
Für solche Details interessieren sich die Gerichte (AG und später auch LG) aber nicht, stattdessen versucht das LG mir dann im weiteren Verlauf sogar ein den Vermieter nötigendes und somit strafrechtlich relevantes Verhalten aus meiner eMail zu konstruieren. Aber dazu auch später mehr.
Und welche Steine? Durch den Vergleich vom 22.12.21 musste sie wissen, dass sie erst Ende 2022 / Anfang 2023 in die Wohnung ziehen kann, wenn sie das wirklich vorgehabt hätte. Einen Grund dafür, sich dennoch bereits im Mai 2022 woanders anzumelden, gab es aber nicht, zumindest nichts was in meiner Person begründet gewesen wäre. Die Antwort ist einfach: Steine habe ich ihr keine in den Weg gelegt, für ihre Lebensplanung hat die Wohnung nie eine Rolle gespielt, davon bin ich überzeugt. Etwas Gegenteiliges konnte bislang auch nicht bewiesen werden. Hat auch niemand so genau wissen wollen.
Leider habe ich davon, dass die Tochter bereits im Mai 2022 verzogen ist, erst weit nachdem wir ausgezogen waren erfahren.
Auch wenn es etliche Ungereimtheiten im Schriftsatz des ProzBef gibt, möchte ich nur noch auf ein Zitat eingehen:
Zitat aus vorgenanntem Schriftsatz: „[…] In rechtlicher Hinsicht ist darauf hinzuweisen, dass sowohl zum Zeitpunkt der Kündi-gungserklärung als auch noch bei Ablauf der Kündigungsfrist der Kündigungsgrund des Eigenbedarfs vorlag. Dies auch noch, … zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung und darüber hinaus.“
🟡 Kommentar: Auch hierfür verlangte das Gericht keinerlei Nachweis. Der Eigenbedarfsgrund soll also noch bis in das Jahr 2022 bestanden haben, da die angesprochene mündliche Verhandlung ja am 22.12.21 statt fand und nicht anzunehmen ist, dass zwischen Weihnachten und Neujahr sich an den behaupteten Plänen der Tochter großartig etwas geändert hätte. Anzeichen dafür gab es jedenfalls nicht. Die Tochter meldet sich aber am 1. Mai 2022 weit entfernt an, um bei einer großen deutschen Firma eine mehrjährige Ausbildung zu beginnen. Sie muss also mindestens im April 2022 – wahrscheinlich eher – gewusst haben, dass sie dort im September 2022 eine Ausbildung beginnen kann. Die Firma ist aber so groß, da ruft man nicht einfach an und sagt, dass man dort eine Ausbildung machen möchte. Da muss man sich in einem mehrwöchigem oder sogar mehrere Monate andauernden Bewerbungsprozess beweisen, um überhaupt angenommen zu werden.
Ich will darauf hinaus, dass es für mich nicht sonderlich nachvollziehbar klingt, wenn einerseits der Eigenbedarfsgrund noch über die mündliche Verhandlung hinaus bestanden haben soll, andererseits sich die Tochter mutmaßlich bereits Anfang 2022 bei dieser Firma beworben hat, obwohl doch im selben Schriftsatz behauptet wurde, Zitat: „Frau … äußerte, in jedem Fall im Allgäu verbleiben zu wollen, um nicht in der Abitur-Phase sowohl die Schule als auch ihr privates Umfeld vollständig wechseln zu müssen. Eine anschließende Berufsausbil-dung im Allgäu bzw. der Besuch der Fachhochschule in Kempten war dabei in ihrem Blickfeld.“
Warum sie die angeblich geplante Berufsausbildung in Kempten dann doch nicht weiter verfolgte und sich statt dessen weit entfernt beworben hat, wurde ebensowenig aufgeklärt, wie, wann genau sie sich bei dieser renommierten Firma beworben hat. Es liegt bei mir der Verdacht nahe, dass das deshalb keiner so genau wissen wollte, denn es hätte sich dann vielleicht herausgestellt, dass der angebliche Eigenbedarfsgrund schon zur Zeit des Räumungsvergleichs nicht mehr bestand – falls es überhaupt jemals einen Wunsch oder gar echten Bedarf für die Tochter gegeben hätte, in die streitgegenständliche Wohnung ziehen zu wollen. Mehr als zu spekulieren bleibt mir leider nicht, da ja nichts von dem was vorgetragen / behauptet wurde, überprüft wurde.
Im 8. Akt gehe ich dann näher auf die PKH-Entscheidung ein.