Vorgeschichte

1991

Im Mai 1991 zog ich als Mieter mit meiner damals zukünftigen Exfrau (kleiner Scherz 😉) in eine 50 qm Erdgeschosswohnung eines typischen Allgäuer Reihenmittelhauses ein: Neubau, Erstbezug, nur 5 Parteien, alles schick und modern, idyllische Lage im Grünen, kleiner Garten mit Sondernutzungsrecht – wir waren happy. Mein späterer Vermieter zog mit seiner damaligen Freundin als Eigentümer gleichzeitig im 1. OG ein. Wir hatten von Anfang an ein gutes Verhältnis, egal ob nun Mieter oder Eigentümer.

2003

Nachdem wir die beiden EG Wohnungen 2001 gekauft und zu einer großen Wohnung vereint hatten, zog ich 2003 aufgrund von Scheidung aus und baute mir ein neues Leben auf. 2007 trat eine neue Frau in mein Leben, und 2009 kam unser Sohn zur Welt.

2011

Leider hielt diese Beziehung nicht sehr lange, und wir trennten uns 2010. Diesmal blieb ich in der Familienwohnung, die aber kurz darauf verkauft wurde. Wenig später bekam ich meine erste Eigenbedarfskündigung, da der neue Eigentümer selbst einziehen wollte. Und da mir die Wohnung allein ohnehin zu groß war, kämpfte ich auch nicht weiter darum.

Zufällig hörte ich, dass zu dieser Zeit die Wohnung des Eigentümers aus dem 1. OG in dem Haus, in das wir 1991 eingezogen waren, frei wurde. Ich nahm also gleich Kontakt zu ihm auf, und fragte, ob er mir seine Wohnung (auch 50 qm) vermieten würde. Da wir immer noch ein gutes Verhältnis hatten, war das schnell erledigt. Wir besprachen die Miete, dass wir die Nebenkosten pauschal abrechnen und dass ich mir die Wohnung so umbauen darf, wie ich´s gerne hätte. Das machte auf mich also nicht den Eindruck, dass er irgendwann vorgehabt hätte, da wieder einziehen zu wollen.

Dazu hab ich noch aus Küche und Wohnzimmer einen großen Raum gemacht, neue Steckdosen und Schalter installiert und Parkett im Wohnbereich verlegt. Da ich – in meiner Naivität – nicht einen Gedanken daran verschwendete, hier jemals wieder ausziehen zu müssen, auch alles selbst bezahlt. Wir gaben uns die Hand drauf – einen schriftlichen Vertrag brauchten wir nicht, Nebenkosten waren in einer Pauschale abgegolten.

2020

Das Mietverhältnis lief bis Mitte 2020 völlig problemlos, selbst eine Mietminderung (wegen veraltetem PVC Belag in Flur und Schlafzimmer) meinerseits ging ohne Streit über die Bühne. Wir besuchten uns gegenseitig ab und zu, mein Sohn bekam bspw. die gebrauchten Ski von seinem Sohn geschenkt und wenn es was zu klären gab, ging das unkompliziert per eMail oder Telefon. Alles lief so, wie ich mir zwischenmenschliche Kontakte vorstelle: auf freundlicher, sachlich korrekter Vertrauensbasis.

Sicherheitshalber fragte ich im ersten Halbjahr 2020 (wann genau weiß ich nicht mehr) in einem Telefonat beim Vermieter an, ob ich denn irgendwann eine Eigenbedarfskündigung fürchten müsse. Er beruhigte mich, seine Kinder haben kein Interesse an der Wohnung. Und für ihn wäre die Wohnung im Alter und mit Frau ohnehin zu klein gewesen. Ich war zufrieden. Da ich mich auf sein Wort immer verlassen konnte, hakte ich auch nicht weiter nach.

Im Juni 2020 war es dann vorbei mit dem Frieden im Haus. Die DG-Wohnung wurde verkauft und ein Seniorenehepaar zog ein. Von Stund an war nichts mehr so wie es seit fast 30 Jahren war: die Schuhschränke im Haus störten, unser Kater (der hier nebenan 😉) durfte nicht mehr in den Keller zum Schlafen gehen, die Garagendächer, die begrünt und von hinten begehbar sind (Hanglage), durften nicht mehr betreten werden, es durfte nicht mehr auf dem Balkon gegrillt werden, gelber Sack (Plastikmüll) auf dem Balkon sollte weg, die Fenster im Treppenhaus sollten nicht mehr zum Lüften geöffnet werden, mein Sohn(11) macht zu viel Krach, ständig Streit um die Wäscheleinen im Keller, der Gemeinschaftsparkplatz vorm Haus durfte nicht mehr benutzte werden, unser Kater wurde verängstigt usw.. Das ging dann sogar soweit, dass in der Folge mehrmals die Polizei anrücken musste, was es früher nie brauchte. Die Menschen in dem Haus lebten zuvor gleichberechtigt, rücksichtsvoll und harmonisch zusammen, man half sich gegenseitig, versorgte mal des Nachbarn Katze, oder passte auf´s Kind auf und anstehende Arbeiten (Treppenhaus reinigen, Schnee räumen, Rasen mähen etc.) erledigten wir gemeinsam nach Absprache. Also alles so, wie man es sich wünscht. Doch wie heißt es bei Friedrich Schiller: „Es kann der Frömmste nicht in Frieden bleiben, ….“.

Die neuen Bewohner brachten eben ihre eigenen Vorstellungen vom Zusammenleben der Menschen mit in das Haus, was aber leider recht oft mit dem tradierten Zusammenleben im Haus kollidierte. Um ihre Vorstellung auch zu zementieren bestanden sie im Juli 2020 auf einer Eigentümerversammlung, die es früher auch nicht brauchte, alles lief, wie gesagt, auch so seinen Gang. Auf dieser Versammlung wurde eine neue Hausordnung beschlossen, die mich massiv benachteiligen sollte. So sollte ich bspw. ab sofort alle 14 Tage das gesamte Haus von DG bis Keller alle 14 Tage kehren und wischen, was in so einem kleinen Haus früher auch ohne Plan mit einfacher persönlicher Kommunikation funktionierte. Ich sollte im Winter nach Plan Schnee räumen, Grillen auf dem Balkon und das Betreten meines Garagendachs, obwohl ich die Gemeinschaftsfläche (s. Foto) früher auch mit gemäht hatte, solle verboten werden, usw..

Da ich der Ansicht bin, dass der Vermieter mir meine alte Hausordnung, die ja trotz mündlichem Mietvertrag Vertragsbestandteil ist, nicht einfach so ohne Einwilligung einseitig ändern kann, widersprach ich umgehend dieser neuen Hausordnung. Mit der Folge, dass das freundschaftliche Verhältnis zu meinem Vermieter praktisch über Nacht zerstört war. Es folgten ein paar böse eMails hin und her und im August 2020 dann die Kündigung wegen Eigenbedarf. Er behauptet zwar, dass die Kündigung mit dem Streit um die Hausordnung nix zu tun hätte, aber gut, das kann man glauben, muss man aber nicht.

Das Motto lautet für den Mieter: tust du nicht was wir (die Eigentümer) dir sagen, fliegst du raus. Was mir letztlich zum Verhängnis geworden ist, weil ich mich gegen diese neue, z. T. völlig willkürlich geänderte Hausordnung gewehrt habe. Änderungen der Hausordnung bedürfen sachlicher Gründe und es dürfen keine Ausweitungen von Pflichten (wie z. B. Treppenhausreinigung oder Schneeräumen) nachträglich aufgenommen werden. Es gilt: „Bei Änderungen der Hausordnung, die über die Möglichkeiten der Konkretisierung durch einseitige Leistungsbestimmung hinausgehen sollen, ist immer ein Einverständnis der Mieter notwendig.“

Hier die Hausordnungen zum Vergleich:

  1. Hausordnung von 1991 – 2020, hat also fast 30 Jahre für ein geordnetes Zusammenleben aller Bewohner völlig ausgereicht, für mich gültig ab Einzug 2011, s. hier,
  2. Hausordnung ab 2020, nochmals geändert Dezember 2021 – Änderungen gelb markiert, s. hier.

    Mag sich jeder selber eine Meinung bilden, ob er das akzeptiert hätte – ich hab´s nicht akzeptiert. So habe ich bspw. nicht nach „Vorschrift“ das Haus gereinigt, das machte man bisher nur nach Bedarf und hat auch funktioniert. Ich habe mich auch nicht an den Schneeräumplan gehalten, auch das wurde nach Bedarf, und wann jeder Zeit hatte erledigt – hat auch 30 Jahre problemlos funktioniert. Auch habe ich mich nicht an das Betretungsverbot meines Garagendaches gehalten, das ist immer schon Gemeinschaftfläche gewesen: Ein Rasen, den ich über 20 Jahre lang mit gemäht habe, auf dem wir gegrillt und gezeltet haben, mein Sohn sein Trampolin stehen hatte, und wir Schneemann gebaut haben, wurde plötzlich zur Sperrzone. Nicht, weil sich etwas verändert hätte, sondern weil 2020 ein neuer Nachbar eingezogen war, bei dem ich von Anfang an das Gefühl hatte, dass er keine Kompromisse duldet und ihm schon meine bloße Anwesenheit zu viel war – wir sind halt grundverschieden. Für mich war schnell klar, dass er mich mit meiner Laissez-faire Lebensart (Leben und leben lassen.) aus dem Haus haben wollte. Und das gelegentliche Grillen (5 – 6x im Jahr) auf dem Balkon habe ich mir dann auch nicht verbieten lassen. Hat auch jahrzehntelang mit einfacher Absprache funktioniert, ohne, dass irgend jemand daran Anstoß oder gar Schaden genommen hätte.

    Einmal wurde ich dann vom Neuen deswegen angezeigt, was aber vom Ordnungsamt abgeschmettert wurde, da es sich um sozialadäquates Verhalten in Bayern handelt. Und weil das nicht klappte, wurde ich beim nächsten Grillen wegen fahrlässiger Körperverletzung angezeigt; wegen der Rauchentwicklung, die man angeblich einatmen musste. An dem Tag waren es ca. 15°C und es nieselte leicht. Dann hat er mich noch angezeigt, weil ich angeblich sein Garagendach betreten hätte und wegen Verkehrsgefährdung. Hat die Staatsanwaltschaft aber auch kurz und schmerzlos eingestellt. Und da man mir also nicht so leicht in die Flinte bullern konnte und der Neue wohl auch gleich einen guten Draht zu meinem Vermieter entwickelte, kam dann kurz darauf die Eigenbedarfskündigung. Eine Abmahnung, wegen Verstößen gegen die Hausordnung, habe ich nie erhalten.

Daraus entwickelte sich ein Fall, der mich, Gerichte, die Staatsanwaltschaft, Rechtsanwälte und die Polizei bis heute beschäftigt. Ein Ende ist nicht in Sicht.

Mehr zu den Details dieser Kündigung und was danach folgte, erfährst du im 1. Akt: Die Kündigung.

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