Zum Anfang des Falls

22. Akt: Die mündliche Verhandlung zur Anfechtung des Räumungsvergleichs

01.10.2025 – Kgl. bayr. Amtsgericht zu Sonthofen

Heute war nun die mehrfach verschobene mündliche Verhandlung zur Anfechtung des Räumungsvergleichs vom 22.12.2021. Anwesend war die Richterin, der Anwalt des Vermieters und meine Wenigkeit.

Mein Eindruck: hätte man sich sparen können. Das Sitzungsprotokoll erhielt ich am 15.10.2025.

🎭 I. Atmosphäre und erster Eindruck

Die Richterin, die mir PKH für das Verfahren verwehrt hat, bemühte sich zwar möglichst neutral zu wirken, doch eine ernsthafte Auseinandersetzung mit meinem Vorwurf der arglistigen Täuschung fand nicht statt. Stattdessen wurde das Zustandekommen des Vergleichs erneut durchgekaut: wie man mich von Seiten der damaligen Richterin und des gegn. Anwalts unter Druck gesetzt hatte, endlich einem Vergleich zuzustimmen, wie ich die Wohnung übergeben habe, was nach meinem Auszug passierte (Krisenintervention wegen Suizidgefahr und Notarzteinsatz wegen Verdacht auf Herzinfarkt an Hl. Abend). Viel mehr war nicht.

📨 II. Der altbekannte Trick mit der eMail

Der Anwalt verlas noch eine eMail vom 20.10.2022 von mir an den Vermieter, wohl, weil er damit erneut beweisen wollte, dass ich angeblich damit signalisiert hätte, nicht ausziehen zu wollen und es sich die Tochter deshalb anders überlegt hat und sich eine andere Wohnung nahm.

Diese eMail ist eines der wenigen Dinge auf denen die Gegenseite immer wieder gebetsmühlenartig rumreitet, nach dem Motto: es sei meine Schuld, dass die Tochter letztlich nicht eingezogen ist. Ich wendete ein, dass die Tochter zum Zeitpunkt dieser eMail bereits seit mehreren Monaten (Mai 2022) in über 100 km Entfernung – ohne mein Zutun – eine andere Wohnung genommen hatte, aber leider ging die Richterin darauf nicht weiter ein. Sie nahm es zur Kenntnis, diktierte es in ihr Diktaphone und das war´s dazu. Kein Nachhaken, keine Nachfrage, kein Interesse.

Ich selbst beließ es dabei, denn für die Täuschung und die Anfechtung des Vergleichs ist diese eMail ohnehin irrelevant, egal, ob man mir nun daraus einen Strick drehen wollte oder nicht.

⚖️ III. Zwei notwendige Korrekturen

  1. Zur Widerrufsfrist:

Zweimal musste ich die Richterin noch korrigieren. Einmal als sie erklärte, dass man mir nach dem Vergleich ja 3 Wochen Zeit gegeben hat, den Vergleich zu widerrufen. Ich stellte klar: es waren nur zwei Wochen, die zudem praktisch nutzlos waren. Denn zwischen dem 22. Dezember 2021 und Heilig Drei Könige (06. Januar 2022, Feiertag in Bayern) sind nahezu alle Kanzleien im Urlaub. Eine juristisch fundierte Zweitmeinung einzuholen war faktisch unmöglich. Und ein zwingender Grund für den Widerruf bestand für mich damals noch nicht: der Vermieter hatte ja mit der „Versetzungsverfügung“ vom 30. November 2021 scheinbar den Eigenbedarf belegt. Dass diese Verfügung selbst manipuliert und verspätet vorgelegt und sogar eine Urkundenfälschung beinhalten könnte, kam mir zu der Zeit noch nicht in den Sinn.

2. Zur Rückkehr in die Wohnung:

Und ein 2. Mal musste ich sie korrigieren, als sie behauptete, dass es auch mit der Anfechtung des Vergleichs, für mich unmöglich wäre, wieder in den Besitz der Wohnung zu gelangen. Das ist so nicht ganz richtig. Ich kann es zwar juristisch nicht mehr erzwingen, da die Wohnung ja verkauft und anderweitig vermietet wurde, dass ich dort aber dennoch wieder einziehen könnte ist damit (zumindest theoretisch) nicht ausgeschlossen. Denn sollte die jetzige Bewohnerin doch irgendwann wieder ausziehen und der jetzige Eigentümer bereit sein, an mich zu vermieten, könnte ich sehr wohl dort wieder einziehen.

Darauf fragte sie mich erstaunt:

„Würden Sie da wirklich wieder wohnen wollen?“

Meine klare Antwort:

„Ich würde heute noch meine Sachen packen – wenn ich dort zu akzeptablen Konditionen wieder wohnen könnte.“

💬 IV. Worum es eigentlich geht

Daraufhin fragte die Richterin, was ich denn mit der Anfechtung des Vergleichs ansonsten bezwecken würde. Eine merkwürdige Frage, denn deren Antwort liegt eigentlich auf der Hand.

Ich sagte:

„Dann will ich wenigstens den Schaden ersetzt bekommen, der mir durch den erzwungenen Umzug entstanden ist. Umzugskosten, höhere Miete, erheblich geringerer Wohnwert, etc.“

Die Richterin wandte sich daraufhin an den gegnerischen Anwalt und fragte sinngemäß, ob sich sein Mandant ein diesbezügliches „Entgegenkommen“ vorstellen könne.

Seine Antwort: Nein. Auch nicht sonderlich überraschend. Wer schon damals nicht bereit war, mir auch nur 500 € für die Wohnwertverbesserungen (Parkett, Fliesenschild, Steckdosen, Wände, Türen, Anstrich usw.) – die ich zurücklassen musste – zu erstatten, wird jetzt erst recht kein Gespräch über ein paar Tausend Euro (Abfindung bzw. Schadenersatz) führen wollen.

🩺 V. „Schöner kann man Heiligabend nicht verbringen“

Ein gewisses Verständnis zeigte die Richterin dann noch, dass man sich sicher Schöneres vorstellen könnte, als Hl. Abend in der Notaufnahme zu verbringen – wie Mitgefühl fühlte es sich aber nicht an.

Dann schilderte ich noch, wie ich die Wohnung, entsprechend dem Vergleich, am 31.12.2022 gegen 14:00 Uhr übergeben habe. Da ich vom Vermieter keine Anweisungen bekommen hatte und jegliche direkte Kommunikationsebenen abgeschnitten waren, musste ich mir selber was einfallen lassen. Ich entschied mich, die Schlüssel an den Hausverwalter zu übergeben. Da der aber an Silvester nicht daheim war, habe ich sie dokumentiert in seinen Briefkasten eingeworfen, womit ich meiner Verpflichtung aus dem Vergleich Pkt. 2, die Wohnung bis Jahresende 2022 zu übergeben, entsprochen hatte.

Im Großen und Ganzen war´s das aber auch. Sie fragte mich noch, ob meine Anträge aus meiner Anfechtung des Vergleichs aufrechterhalten bleiben, und nachdem ich das selbstverständlich bejahte, beendete sie die Verhandlung plötzlich. Meinem Einwand, dass wir eigentlich noch gar nicht so richtig über die arglistige Täuschung gesprochen haben (weswegen wir ja zusammengekommen sind), entgegnete sie nur, dass das ja alles in den Akten stehen würde, und wenn ich darüber hinaus noch etwas hätte vortragen oder einwenden wollen, hätte ich ja zuvor Gelegenheit gehabt.

Zwei Gesichter – Eine Wahrheit

Ein seltsames Verständnis von richterlicher Leitung. Wenn eine Hauptverhandlung zur Anfechtung eines Vergleichs angesetzt wird, erwarte ich doch, dass das Gericht von sich aus genau dieses Thema anspricht, oder etwa nicht? So, wie das hier ablief, wirkte es wie eine reine Alibiveranstaltung: Man wollte nur den Anschein wahren, sich mit der Sache befasst zu haben – darum, die Wahrheit herausfinden, ob das nun eine arglistige Täuschung durch Urkundenfälschung war, als der Anwalt das Datum der Versetzungsverfügung unkenntlich machte, ging es offenkundig nicht mehr.

In der Schule würde man hier wohl sagen: 6 setzen! Am Thema vorbei.

⏰ VI. Urteilsverkündung

Am 22.10.2025 um 8:25 Uhr wird sie dann ihre Entscheidung verkünden. Dass sie ihre bereits gefestigte Meinung aus ihren Ausführungen zur PKH-Ablehnung, aufgrund dieser Verhandlung in der anstehenden Entscheidung ändern wird, erwarte ich mal nicht. Somit muss man auch kein großer Hellseher sein, um zu erahnen, dass

📜 VII. Meine Anträge

Hier aufklappen – vollständige Anträge
  1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestandene Mietverhältnis durch die Kündigung vom 20.08.2020 nicht beendet wurde und fortbesteht, § 256 Abs. 1 ZPO; §§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB

    1.1. Die Kündigung ist unwirksam, da die gesetzlichen Voraussetzungen des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht erfüllt waren. Der Eigenbedarf war zum Zeitpunkt der Kündigung weder tatsächlich gegeben noch hinreichend konkret.

    1.2. Es besteht ein rechtliches Interesse an der Feststellung gemäß § 256 Abs. 1 ZPO, da das Mietverhältnis ein fortbestehendes Rechtsverhältnis darstellt und die Klärung seiner Wirksamkeit erhebliche Bedeutung für den Beklagten hat.

    1.3. Der geschlossene Vergleich beruht auf arglistiger Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 BGB. Die vorgelegte Versetzungsverfügung, die den Eigenbedarf begründen sollte, wurde nicht rechtzeitig vorgelegt und wurde zusätzlich manipuliert.

    1.4. Eine unwirksame Kündigung hat keine Beendigungswirkung, sodass das Mietverhältnis weiterhin besteht.

  2. festzustellen, dass der am 22.12.2021 vor dem Amtsgericht Sonthofen geschlossene Vergleich vollumfänglich nichtig ist, § 142 Abs. 1 BGB.

    2.1. Der Vergleich beruht auf arglistiger Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 BGB:

    – Der Kläger hat durch die verspätete und manipulierte Vorlage der Versetzungsverfügung im Beklagten eine falsche Vorstellung über das tatsächliche Bestehen eines Eigenbedarfs herbeigeführt.

    – Die Täuschung wurde gezielt darauf angelegt, dass der Beklagte und sein damaliger Anwalt, aber auch das Gericht, die Manipulation des Datums in der kurzen Zeit vor der mündlichen Verhandlung nicht bemerken würden.

    2.2. Die Kausalität der Täuschung für den Vergleichsschluss ist gegeben:

    Ohne die Täuschung hätte der Beklagte dem Vergleich niemals zugestimmt, sondern auf der Fortsetzung des Mietverhältnisses bestanden.

    Der Vergleich wurde durch die arglistige Täuschung des Klägers bzw. seines Vertreters erschlichen.

    2.3. Die Manipulation der Versetzungsverfügung verletzt den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) und stellt eine unzulässige Beeinflussung des gerichtlichen Verfahrens dar.

    2.4. Die Voraussetzungen des § 142 Abs. 1 BGB sind erfüllt, da der Beklagte den Vergleich aufgrund der Täuschung angefochten hat und diese Anfechtung den Vergleich rückwirkend nichtig macht.

  3. Prozesskostenhilfe, § 114 ZPO

    3.1. Die begehrten Feststellungen sind nicht mutwillig i. S. v. § 114 ZPO. Eine bemittelte Partei würde unter denselben Umständen und bei vernünftiger Abwägung der Prozessrisiken ebenfalls den Rechtsweg beschreiten, da es um die Klärung existenzieller Rechte und erheblicher rechtlicher, sozialer, gesundheitlicher und wirtschaftlicher Folgen geht.

    3.2. Die Erfolgsaussichten sind hinreichend gegeben. Die Anfechtung des Vergleichs beruht auf einer klar dargelegten Täuschung durch verspätete Vorlage und Manipulation eines zentralen Dokuments, was kausal für den Vergleichsabschluss war. Diese Täuschung ist ausreichend substantiiert und durch Beweismittel untermauert. Daher besteht eine realistische Möglichkeit, mit der Anfechtung durchzudringen.

    3.3. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten rechtfertigen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Sie sind dem Gericht bereits bekannt und bestätigen die Bedürftigkeit gemäß § 114 ZPO.


wieder mal abgewiesen werden.

🧩 VIII. Ausblick

Mehr als eine Formsache war diese Verhandlung letztlich nicht. Aber sie dokumentiert wieder mal eindrücklich, wie oberflächlich auch in einem s. g. Rechtsstaat über gravierende Rechtsverletzungen hinweggegangen wird. Die Wahrheit – die ja alle kennen, nämlich, dass diese Kündigung von vorn bis hinten erstunken und erlogen war – durfte wieder nicht ans Licht gebracht werden. Hauptsache, man kann dem Kuhne mal wieder paar Euro Verfahrenskosten auf´s Auge drücken.


Update: 22.10.2025, 8:25 Uhr

Heute war nun die Entscheidungsverkündung (Endurteil) im Gerichtssaal – Im Namen des Volkes. Hat keine 5 min gedauert. Anwesend war nur die Richterin und ich, die Tür hat sie aber offen gelassen. 😉 Sie verkündete sodann erwartungsgemäß, dass meine Anträge zur Anfechtung des Vergleichs abgewiesen werden, damit ist der Rechtsstreit beendet, die Kosten habe ich zu tragen, Streitwert liegt bei über 3.000,- €. Sie versuchte dann noch mir zu erklären, warum das so ist und benutzte dabei neben den altbekannten Phrasen:

  • dass ich das manipulierte Dokument ja hätte prüfen könnnen,
  • dass mir das Dokument rechtzeitig vor der Verhandlung vorlag,
  • dass ich ja anwaltlich vertreten war,
  • dass mein damaliger Ausnahmezustand daher keine Rolle spielte,
  • dass mir ja eine Widerrufsfrist für den Vergleich eingeräumt wurde,
  • dass ich, wenn ich den Eigenbedarf bestreite, dann aber trotzdem einem Vergleich zustimme, nicht getäuscht sein kann
  • und dass ich es doch damit bewenden sein lassen soll

… aber überraschender Weise auch ein völlig neues, aus dem Hut gezaubertes Argument: „die Frist zur Anfechtung des Vergleichs sei ohnehin abgelaufen“. Dabei stellte sie auf das Datum ab, wo mir das Dokument vorgelegt wurde, und das war der 09.12.2021.

Wogegen ich natürlich sofort protestierte, denn die Jahres-Frist zur Anfechtung eines Vergleichs nach § 124 BGB wegen arglistiger Täuschung beginnt nicht von da an zu laufen, wo man getäuscht wurde, sondern von da an, wo die Täuschung auffliegt, und das war bei mir der 28.03.2024, als ich die Akte der Staatsanwaltschaft (Anzeige wegen Betrug gg. den Vermieter) einsah und daraus das tatsächliche Datum der Versetzungsverfügung (10.12.2020) des Vermieters bekannt wurde. Damit ist die Frist am 01.02.2025, als ich die Anfechtung einreichte, gewahrt. Sie hat mir dann aber sofort das Wort verboten, da sie nicht hier sei um zu diskutieren.

Aber gut, es zeigt mir mal wieder, wie man krampfhaft versucht den Fall nun endlich zu den Akten legen zu können. Wer mich kennt, und hier schon bisserl gelesen hat, weiß, dass ich dafür allerdings nicht der Richtige bin. Ich bin nicht so weit gegangen, um mich jetzt von solchem Unsinn, aufhalten zu lassen.

Ich sagte ihr zum Abschied dann noch, dass jeder den Betrug sehen kann, nur die Entscheidungsträger wollen es nicht sehen. Bringt zwar nix, musste ich aber noch loswerden. 😉

Wie es weiter geht, erfahrt ihr dann im 23. Akt, wenn die schriftliche Ausfertigung des Urteils vorliegt.

28.10.25 – Das Sitzungsprotokoll und das Endurteil habe ich schon mal dem Archiv hinzugefügt.

Die Kommentierung ist jetzt auch fertig, siehe 23. Akt.


Nach oben scrollen